Regelkreise – komplexe Modulationssysteme
Für unser tagtägliches Leben sind Emotionen fundamental, denn sie bilden ein äußerst wirkungsvolles und blitzschnelles Bewertungssystem. Situationen in wenigen Momenten erfassen, beurteilen und entsprechende Handlungen einleiten – all das schaffen die emotionalen Regelkreise im limbischen System, noch bevor die relativ langsam arbeitenden Bereiche des Kortex uns eine Situation zu Bewusstsein gebracht haben und wir darüber nachdenken können. vgl. 8
In der Neurowissenschaft unterscheidet man: Emotionen sind unbewusste Reaktionen, die mentale und körperliche Prozesse koppeln. Sie werden im limbischen System erzeugt, das nicht mit dem Bewusstsein verknüpft ist. Erst wenn die dort entstandenen Signale auch den Kortex erreichen – am Ende eines komplexen Prozesses – hat man es mit bewussten Gefühlen zu tun. vgl. 9
Regelkreis Angst
Ganz deutlich zeigt sich der emotionale Regelkreis an Emotionen wie Aggression und Angst. Es gibt angeborene Angst und Ängste, die schnell erlernt werden. Aber auch Reize, die allgemein als neutral oder positiv empfunden werden, können durch Lernprozesse mit Gefahr assoziiert werden und irgendwann sogar selbst Angst auslösen. So reicht zum Beispiel der Anblick eines Stocks, mit dem ein Hund verprügelt wird, damit er sich fürchtet. vgl. 8
Angst hat ihren neuronalen Ursprung in der Amygdala, einem Teil des limbischen Systems. Die Amaygdala ist eine Art Alarmanlage im Gehirn. Innerhalb von Sekundenbruchteilen kann sie Situationen bewerten und Gefahren einschätzen. vgl. 8
Das Zwei-Wege-System
Das Gehirn arbeitet dabei zweigleisig: Für die erste schnelle Einschätzung leitet der Thalamus einen Sinneseindruck, wenn wir beispielsweise in der Nacht unerwartet einen Schatten sehen, grob an den Amygdala-Eingang weiter. Dort wird der Reiz emotional bewertet und die Information zur Amygdala-Zentrale weitergeleitet. Bei Bedrohung werden diese Zentrale und verschiedene vegetative Systeme aktiviert, um körperliche Angstreaktionen auszulösen: Zittern, Herzrasen, Schweißausbrüche – wir alle kennen sie. Gleichzeitig werden Hirnstamm und Kortex informiert. Dadurch wird uns die Gefahr bewusst. vgl. 8
Für eine genaue Situationsanalyse, die allerdings etwas länger dauert, wird gleichzeitig der Reiz vom Thalamus in den präfrontalen Kortex und den Hippokampus geschickt. Bevor er die Amygdala erreicht, wird er anhand von angeborenen Mechanismen und Erlerntem möglichst genau analysiert. Der Hippokampus ruft zusätzlich bewusste Erinnerungen ab. Kortex und Hippokampus sind mit der Amygdala verbunden. So können sie entweder die Bedrohung bestätigen oder aber, falls sie einen Fehlalarm festgestellt haben, die Angst hemmen. vgl. 8
Wie alles im Gehirn ist auch der Angst-Mechanismus äußerst komplex. So wirkt das Serotoninsystem bei verschiedenen Formen der Angst mit. Menschen mit niedrigem Serotoninspiegel neigen eher zu Angst und Aggression. Eine erhöhte Serotoninkonzentration dagegen gilt als angstlösend.
Motiviert dank Belohnungssystem
Um den Regelkreis der Motivation zu mobilisieren, brauchen wir positive Emotionen. Das dopaminerge Belohnungssystem wird dann aktiv, wenn Ereignisse eine Bedeutung haben.
Ein Reiz animiert das limbische System, das ihn an den präfrontalen Kortex weitergibt. Dort entsteht ein bewusstes Verlangen und der Körper bekommt die Aufgabe, es zu stillen. Sobald die Aufgabe erledigt ist, schütten Neuronenkerne im Mittelhirn Dopamin aus – und dort vor allem in Teilen des limbischen Systems, im Nucleus accumbens, in dem das Glücksgefühl entsteht, und in der Amygdala, die Erregung verarbeitet. Auch den Hippokampus erreicht das Dopamin. Im Hippokampus fließen die Informationen verschiedener sensorischer Systeme und des präfrontalen Kortex zusammen, werden verarbeitet und zur Speicherung an den Kortex zurückgesandt. vgl. 10
Das Gehirn prüft Erlebtes fortwährend nach den drei Bedingungen, die das dopaminerge Belohnungssystem stellt:
- Was ist neu?
- Was ist gut für mich?
- Was fällt besser aus als erwartet?
Wird eine dieser Bedingungen erfüllt, bekommt ein Ereignis eine positive emotionale Bedeutung und wird im Gedächtnis langfristig gespeichert. vgl. 11